Thomas Kral, Bereichsleiter Life Cycle-, Facility- und Data-Management bei A+W, ist überzeugt, dass wir uns, wie unser Tun und Handeln durch KI verfolgen lassen müssen, wenn wir einen Nutzen durch künstliche Intelligenz (KI) haben wollen. Neben fehlender Bereitschaft besteht die Schwierigkeit, dass KI sich noch im Training befindet und noch keine Topathletin ist. Im Interview zeigt uns Thomas auf, wo die Gesellschaft, die Branche und auch A+W heute mit der KI stehen und wo die Reise hingehen kann.
Künstliche Intelligenz ist ein abstrakter Begriff. Was verstehst du unter KI?
Es gibt aktuell keine eindeutige Definition, da bereits der Begriff Intelligenz nicht eindeutig definiert ist. Daher ist es wichtig, zu erklären, was wir heute unter dem Begriff allgemein verstehen, bevor wir über Künstliche Intelligenz sprechen. Es handelt sich bei KI um einen Begriff aus der Informatik. Ein «künstlicher» Algorithmus entwickelt sich durch die Analyse von Daten und ist in der Lage, Muster zu erkennen und kann damit Vorhersagen treffen, Schlussfolgerungen ziehen und selbstständig handeln. Das Ganze entspricht der Intelligenz des Menschen und kann darüber hinaus gehen. Das ist zumindest mein persönlicher Versuch einer Definition.
Welche Rolle spielt KI heute im Leben von uns Menschen und wie nutzen wir sie?
Einfache KI kennen wir heute von unserem Smartphone. Als Beispiel, wenn man bei YouTube oder Spotify Film- und Musikvorschläge bekommt, dann ist KI im Spiel! Unter der gesamten Menschheit hat sich bis heute schätzungsweise lediglich eine KI entwickelt, die circa 1 bis 3 Prozent über die Fähigkeiten des menschlichen Gehirns hinaus geht. Die gesamte Menschheit «kratzt» also nur an der Oberfläche der Möglichkeiten von KI.
KI wird heute von der gesamten Menschheit nur partiell und nur dort eingesetzt, wo Informationen digitalisiert vorliegen und um einfache, nicht sicherheitsrelevante Szenarien mit sich wiederholenden Ereignissen abzuwickeln und den Menschen damit zu entlasten.
«Die Branche ist zögerlich, wenn es darum geht, ihre Daten preiszugeben.»
Woran liegt es, dass KI bisher nur punktuell eingesetzt werden kann?
Als Gründe für diese Entwicklung sehe ich sehe drei Herausforderungen, die die KI mit sich bringt:
Die erste Hauptherausforderung liegt darin, dass KI aktuell zu viel Energie verbraucht, riesige Rechenzentren und unvorstellbare Rechenkapazitäten sind notwendig und können im Verhältnis zu unserem menschlichen Gehirn, welches konstant circa 20 Watt Energie verbraucht, nicht mithalten. Die Wissenschaft und Forschung beschäftigt sich schon seit den 1940er Jahren mit KI, jedoch hat sie sich erst in der letzten Dekade mit der erst dann verfügbaren Rechenkapazität entwickeln können.
Die zweite Herausforderung besteht darin, KI entstehen, sich entwickeln und heranwachsen zu lassen. Dafür müssen möglichst viele Daten über einen möglichst langen Zeitraum gesammelt und analysiert werden. Die Menge der Daten über der Beobachtungszeitraum sind entscheidend, je mehr Daten über einen grösstmöglichen Zeitraum KI zur Verfügung stehen, desto genauer sind die Erkenntnisse. Die grossen Internetkonzerne wie Google und Amazon etc. verfügen, zusammenhängend mit ihrem digitalen Geschäftsmodel, schon seit einem langen Zeitraum über Daten der Internetcommunity und analysieren diese durch KI.
Die dritte Herausforderung liegt darin, dass das Internet of Everything (IoE), der eigentliche «Nährboden» für KI, auch gezielt genutzt wird, um Falsch- oder Fehlinformationen zu streuen. KI hat hier heute im Vergleich zum menschlichen Gehirn noch grössere Schwierigkeiten, diese Informationen zu identifizieren. Sogenannte Bots können heute nur 4 bis 5 Prozent dieser Fehlinformationen herausfiltern. KI hat eben (noch) nicht die vollen Fähigkeiten des menschlichen Gehirns und auch nicht das historische Gedächtnis sowie die korrekten Bilder und Erlebnisse wie die Menschheit.
Wie weit ist die Branche mit KI?
Die Geschäftsmodelle der einzelnen Unternehmen unserer Branche basieren immer noch auf dem Wissen und Knowhow der Mitarbeiter*innen. Wir tun uns zum Beispiel schwer, seit Einzug der Methode BIM, in einem konsolidierten Modell, mit konsolidiertem Wissen und über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie zu arbeiten. Dabei ist genauso ein Modell die beste Basis, damit KI sich entfalten und uns somit unterstützen kann. Die Branche ist zögerlich, wenn es darum geht, ihre Daten preiszugeben.
Was bedeutet KI für A+W?
Wir müssen heute für unsere und die Geschäftsprozesse unserer Kund*innen rund um die Immobilie, die «Türen und Tore» für KI öffnen, uns beobachten lassen, damit KI entstehen und heranwachsen kann. Die Herausforderung besteht aber darin, dass KI eine Erfindung der Informatik ist und nicht zu unserem Kerngeschäft gehört. Wir müssen also Partnerschaften mit Expert*innen eingehen. Grundsätzlich haben wir die Informationen und Daten aus 95 Jahren Engineering und Consulting. Jetzt geht es nur darum, KI bei uns und unseren Kund*innen zu implementieren. Dies ist aber kein kurzfristiges Geschäft, da wir den Erfolg von autonomen und autarken Prozessabläufen erst mittelfristig «ernten» werden können. Die grossen Internetkonzerne der Welt sind uns da einen grossen Schritt voraus und sind heute bereits dabei, von ersten Erfolgen zu profitieren.
Wo denkst du, stehen wir bzw. unsere Kund*innen im Jahr 2028 bezüglich KI?
Ich hoffe die grundlegenden Herausforderungen von KI sind bis dann gelöst. Die Gesellschaft wird sich über das IoE den Tagesablauf weitestgehend automatisieren und damit die Work Life Balance verbessern lassen. A+W wird im Jahr 2028 so erfolgreich KI einsetzen, wie heute die Methode BIM. Für diesen Digitalisierungsschritt unseres Geschäftsmodells haben wir vor ca. 6 Jahren auch die «Türen» weit geöffnet und investiert, damit die Methode Einzug halten konnte.
Welche Chancen und Herausforderungen siehst du in Zusammenhang mit KI?
Wir können heute investieren und dadurch morgen dem Margendruck und der Komplexität unserer heutigen Geschäftsmodelle durch automatisierte und autarke Prozesse, gesteuert durch KI, entgegenwirken. Durch die Erkenntnisse von KI werden zudem neue Geschäftsmodelle entstehen. Die heute partiell eingesetzte KI wird sich vernetzen und dadurch leistungsfähiger. Wir müssen es nur zulassen und heute investieren, damit wir morgen nicht von Google, Amazon und Co. ersetzt werden.
Über Thomas Kral
Er begann seine beruflichen Laufbahn mit Neugier und dem Interesse für Technik über eine gebäudetechnische Berufsausbildung. Schon bald interessierten ihn die wirtschaftlichen Zusammenhänge und der nachhaltige Einsatz von Technik über den gesamten Lebenszyklus. Er absolvierte ein Wirtschaftsingenieursstudium mit Schwerpunkt Facility Management und später ein Energiewirtschaftsstudium. Thomas arbeitet seit 17 Jahren bei A+W, ist Partner, Mitglied der Geschäftsleitung sowie Leiter des Consultingbereiches Life Cycle-, Facility- und Data- Management.