Die Digitalisierung bringt vielseitige Möglichkeiten, wirft aber auch Fragen auf. Einige davon konnten wir Recruiter Christian Schaffenberger im Rahmen des A+W Forums stellen. Die Antworten gibt’s im Interview.
Wie erleben Sie als Recruiter den Umgang der Baubranche mit der Digitalisierung?
Interessanterweise genauso, wie es heute bei den Referaten und auch beim Podiumsgespräch genannt wurde. Ich erlebe, dass es in der Baubranche grossflächig ein wichtiges Thema ist, aber dass man definitiv noch ganz am Anfang steht. Es ist ein grosses Thema, aber man kommt auch nicht vorwärts. Meines Erachtens geht es der Baubranche immer noch zu gut, man hat das Messer noch nicht am Hals, sodass man vorwärts machen müsste. Egal, in welchem Bereich der Baubranche ist es ein riesen Thema, aber die Entwicklungen gehen einfach langsam vorwärts, man ist noch nicht so weit. Ich denke aber auch, so aus den Gesprächen heraus, dass es eine Konsolidierung mit sich ziehen wird, weil es mit Investitionen zu tun hat, die Digitalisierung, das ganze BIM. Gerade die kleineren Unternehmen werden damit Mühe haben. Es wird irgendwann eine Konsolidierung geben im Markt. Aber erst dann, wenn es für die Baubranche, die jetzt stagniert, wirklich schwierigerer wird. Das merkt man dann und dann gibt es einen gewissen Schub, aber das ist meine ganz persönliche Sicht, mein Assessment.
Welche direkten Auswirkungen hat diese Entwicklung auf Ihr Berufsfeld?
Man muss zwei Seiten betrachten. Die Art und Weise, wie man sucht, hat sich verändert. Durch Social Media haben sich andere Möglichkeiten eröffnet, an Menschen heran zu kommen und sie zu kontaktieren. Aber der Schwierigkeitsgrad ist immer noch der gleiche, also insofern, dass wir den Kunden verstehen müssen. Wir müssen wissen, wohin er sich entwickeln möchte, dass wir anhand dessen dann die Anforderungen definieren können, die es wirklich braucht. Nicht unbedingt heute, sondern vielleicht in vier bis fünf Jahren. Die Digitalisierung per se hat nichts geändert im Sinne des Schwierigkeitsgrads, man kommt dadurch nicht leichter an die Menschen heran als noch vor 17 Jahren, als ich angefangen habe. Es sind einfach andere Möglichkeiten, um Leute zu suchen.,.
Die zukünftigen Anforderungen an die Mitarbeiter sind ungewiss. Wie kann man passende Menschen rekrutieren, nach Kriterien, die heute noch nicht bekannt sind?
Gut, wir wissen natürlich jetzt noch nicht, was in Zukunft gefordert wird. Vor zehn Jahren wussten wir nicht, was heute ist, und wir wissen auch heute nicht, was in fünf Jahren gefordert sein wird.
Ich denke summa summarum, was es sicher heute schon braucht, ist Agilität, es braucht Anpassungs- und hervorragende Kommunikationsfähigkeiten. Ein Trend, den wir aufgrund der Digitalisierung sehen, ist die virtuelle Führungsfähigkeit. Sobald das Unternehmen international ist, kann es sein, dass ein Chef seine Mitarbeiter gar nicht mehr sieht, sondern sie sitzen irgendwo auf der Welt. Da brauchen Chefs ein ganz anderes Führungsverständnis, einen Führungsstil, der mit Vertrauen und mit Kommunikation zu tun hat. Es braucht Agilität und Vertrauen. Wer eher der Controller ist, der die Mitarbeiter gerne nahe bei sich hat, der wird in Zukunft Mühe haben. Diese Themen stehen im Vordergrund, dieses Ergebnis haben auch Studien gezeigt, die wir durchgeführt haben. Daher schauen wir sicherlich spezifisch auf diese Aspekte bei der Selektion der Personen.
Der Unterschied von starken, guten Teams ist immer noch dort, wo es menschlich und kulturell wirklich stimmt. Und das kann die Digitalisierung erstens nicht ersetzen und zweitens wird es nicht soweit kommen. Nein, das glaube ich zum heutigen Zeitpunkt nicht.
Was sind Ihre Instrumente, messbar zu machen, wie ein Mensch sich entwickeln wird, um den noch unbekannten Anforderungen gerecht zu werden?
Es gibt Instrumente wie das Diagnostic Assessment, eine unserer Kernkompetenzen. So ist unser Unternehmen vor 50 Jahren geboren und gross geworden, durch ein eigenes Assessment-Instrument, das immer weiterentwickelt wird. Wenn die Person dieses Assessment durchlaufen hat, dann sehen Sie sehr gut, wie agil sie ist, ob sie sich anpassen kann und offen für Veränderungen ist, ob eher proaktiv in der Kommunikation und ob sich jemand zum Controller eignet. Das sind sehr wichtige Instrumente, insbesondere zum Schluss, wenn es darum geht, die Spreu vom Weizen zu trennen.