Die SBB Infrastruktur tauscht im Rahmen einer grösseren Sanierung am Züricher Hauptbahnhof auch die Leuchten in den Dächern der Quer-, Perron- und Haupthalle aus. Das klingt unkompliziert, allerdings kann auch bei recht einfachen Projekten der Teufel im Detail stecken.
BIM und der Denkmalschutz: Die Problemstellung
Die Amstein + Walthert AG war seit Beginn des Projekts mit der Elektroplanung beauftragt, das Mandat des BIM Managements auf Bauherrenseite entstand erst im Verlauf der Verhandlungen mit dem Denkmalschutz des Hauptbahnhofes, da die Freigabe der Leuchtenplanung im Sommer 2018 nicht erreicht wurde.
Ein Gebäude mit solcher Historie und wundervoller Erscheinung unterliegt häufig erhöhten Ansprüchen was Umbauten angeht, um ebendieses architektonische Erlebnis nicht zu beeinträchtigen.
Während der minimale Eingriff in die Dächer der Hallen durch die Elektroplanung und den Ersatz der bestehenden ca. 25 Jahre alten Leuchten von der Baukoordination her als recht übersichtlich zu betrachten ist, stellte die Bemusterung und Freigabe dieser Planung eine Hürde dar. Die Herstellung und Installation von grossen Muster-Leuchten hoch unter den Dächern wäre zeit- und kostspielig, mit den notwendigen Teleskopbühnen könnte wegen der laufenden Nutzung des Gebäudes nur nachts gearbeitet werden. Die günstigere Variante, nur einzelne Leuchten aufzuhängen, konnte nicht das nötige Vertrauen beim Denkmalschutz schaffen, um diese Freigabe zu erhalten.
Die Lösung
Das Gebäude wurde von BIMFacility, einem Partner von Amstein + Walthert, per Laser Scan aufgenommen und anschliessend ein 3-dimensionales Bestandsmodell erstellt, welches die Grundlage für die Leuchten- und Elektroplanung bildete. Ebenso wurden die verschiedenen Entwurfskonzepte mit dem Bestand zusammengeführt und eine Simulation mit VR-Brillen (Virtual Reality) dem Entscheidungsgremium präsentiert. Mit Hilfe dieser Brillen bekommt der Nutzer das geplante Projekt direkt vor seine Augen projiziert und kann sich durch das virtuelle Modell bewegen. Auf diese Art erhält er einen realitätsnahen Eindruck, wie dieses später wirken könnte.
So konnten die verschiedenen Aspekte der Anforderungen an die Leuchten effektiv und kostengünstig verglichen werden, die Freigabe von zwei der drei vorgestellten Optionen erfolgte noch während der digitalen Bemusterung.
Was nun folgt
Die so entstandenen Modelle vom Bestand der Querhalle, der Elektro- und Leuchtenplanung stehen der SBB zur Verfügung und können in Zukunft für weitere Projekte im Hauptbahnhof genutzt werden. Mit jedem Projekt kann somit eine Aktualisierung des Bestandes erfolgen.
Während der Ausführung der Arbeiten in den Hallen ist die digitale Mängeldokumentation und Abnahme dieser Arbeiten geplant. Eine digitale Plattform wurde bereitgestellt, um den Verantwortlichen der jeweiligen Gewerke zu erlauben, direkt von der Baustelle aus mögliche Probleme digital zu erfassen und effizient den verantwortlichen Personen Aufgaben zur Korrektur zuzuweisen.
So wird der digitale Zwilling (Modelle der Fachplaner) nicht nur im Büro genutzt, sondern schafft den Sprung auf die Baustelle.
Später werden die bewirtschaftungsrelevanten Bauteile der Planung konform zu den Anforderungen der SBB vorbereitet und mit Hilfe digitaler Schnittstellen direkt in das Facility-Management-System des Bauherrn überspielt. Eine aufwendige, manuelle Übernahme in die vielzähligen Datenbanken der SBB muss nicht erfolgen.
** Update**
Die Initiative des Projektleiters Roberto Compagnino, hier im Pilotprojekt möglichst umfangreich mit digitalen Werkzeugen zu arbeiten und den Bestand zu digitalisieren, ist auf grosses Interesse gestossen. Amstein + Walthert Zürich hat im Januar die Haupthalle (Wannerhalle) des Hauptbahnhofes ebenfalls per Laser Scan aufgenommen und ein digitales Modell erstellt. Es war ein logischer Schritt diese Arbeit nun komplett selber durchzuführen und so das Portfolio der Dienstleitungen zu erweitern. Für die Zukunft werden verlässliche, dreidimensional Daten für die Planung und Visualisierung von Veranstaltungen aller Art in der Halle zur Verfügung stehen.
Wir sind zuversichtlich, dass diese Art von digitaler Aufarbeitung eines Bestands-Portfolios in Zukunft als „State of the Art“ angenommen wird, Anfragen von Bauherren unterschiedlichster Ausrichtungen bestätigen dies.