A+W geht zurzeit der Frage nach, wie sich die toxischen Emissionen nach einem Elektrofahrzeugbrand in unterirdischen Infrastrukturen auf die Sicherheit auswirken und ob sich Betreiber langfristig auf veränderte Risiken einstellen müssen. In einem internationalen Forschungsprojekt unter der Leitung von A+W wird dazu eine Versuchsreihe mit Traktionsbatterien in einer realen Umgebung fortgeführt.
Elektromobilität: Energiespeicherung durch Lithium-Ionen-Batterien
Unsere Mobilität verändert sich zurzeit tiefgreifend und rasant: Neben der aufkommenden «shared mobility», dem automatisierten Fahren und der allgemein fortschreitenden Digitalisierung, wird das elektrisch angetriebene Fahrzeug als zentraler Grundpfeiler einer nachhaltigen Mobilität gepriesen. Die Energiespeicherung erfolgt dabei typischerweise in Form von Lithium-Ionen-Batterien, die als Schlüsseltechnologie der Elektromobilität von den Strassen mittelfristig nicht mehr wegzudenken sind. Neben dem grossen Potential birgt diese Form der elektrochemischen Energiespeicherung aber auch neue Gefahren – insbesondere für unterirdische Infrastrukturen.
Brandversuche: Veränderte chemische Gefährdungen
In einem bislang einzigartigen Experiment konnte A+W im letzten Jahr gemeinsam mit seinen Forschungspartnern des Versuchsstollen Hagerbachs nachweisen, dass brennende Elektrofahrzeugbatterien zu einer Veränderung der chemischen Gefährdungssituation in unterirdischen Verkehrsinfrastrukturen führen. Aufgrund der chemischen Komponenten von Lithium-Ionen-Batterien sind in den Rauchgasen eines Elektrofahrzeugbrandes zusätzliche Stoffe enthalten, die zum einen sehr reaktionsfreudig sind und zum anderen für den Menschen ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstellen. Die Schadstoffanalysen deuteten aber insbesondere auf kritische Konzentrationen der Schwermetalle Kobalt, Mangan und Nickel in Form von Aerosolen hin. Die Resultate waren bemerkenswert, weil diese Metallstäube kanzerogen sind und sowohl Mensch als auch Umwelt gefährden und aufgrund ihrer Persistenz unter bestimmten Umständen zu grossräumigen Kontaminationen führen können.
Unklare Folgewirkungen in unterirdischen Verkehrsinfrastrukturen
Über mögliche Auswirkungen und Spätfolgen dieser Brandemissionen von Elektrofahrzeugen in unterirdischen Verkehrsinfrastrukturen konnten wir bislang noch keine abschliessenden Antworten geben. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass diese neuartigen Schadstoffe in Tiefgaragen oder Einstellhallen zu nachhaltigen Beeinträchtigungen des Betriebs (Bsp. Sperrungen aufgrund Dekontamination), der Infrastruktursicherheit (Bsp. Ablagerung und Verschleppung via Lüftungskanäle) oder auch der Umwelt (Bsp. unkontrolliertes Abfliessen von kontaminiertem Löschwasser) führen können.
A+W geht wieder in den Versuchsstollen – gemeinsam mit der Empa
Um diese Wissenslücke schliessen zu können, hat A+W wiederum ein Forschungsprojekt initiiert, in dem wir mögliche Schadstoffkontaminationen durch Elektrofahrzeugbrände mit wissenschaftlichen Brandversuchen in einer realen Umgebung untersuchen und die Auswirkungen auf den Betrieb und die Sicherheit von Infrastrukturen beschreiben. Hierzu kehren wir zurück in den einzigartigen Versuchsstollen – dieses Mal mit zusätzlicher Unterstützung von Batterie- und Brandschadenexperten der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa). Gemeinsam mit diesen Forschungspartnern werden wir reale Lithium-Ionen-Traktionsbatterien in verschiedenen Szenarien zu Brand bringen und zum Schluss angemessene technische und organisatorische Massnahmen zur Risikominimierung in unterirdischen Infrastrukturen empfehlen.
Nicht nur ein Problem von «mobilen» Batteriespeichern
Die Resultate tragen dazu bei, die politisch geforderte beschleunigte Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen sicherer zu gestalten und die Sicherheit von Verkehrsinfrastrukturen auch in Zukunft möglichst hoch zu halten. Sie werden aber auch eine Wirkung entfalten, die über den mobilen Anwendungsbereich von Lithium-Ionen-Batterien hinaus geht: In vielen Untergeschossen von modernen Gebäuden wird die überschüssige Energie der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach nämlich mit der gleichen Technologie gespeichert – mit Lithium-Ionen-Batterien, die einfach stationär sind.
Das Projekt erfolgt mit Unterstützung des Bundesamtes für Strassen (ASTRA). Die Ergebnisse werden bis Ende 2020 publiziert.
Habt ihr auch Lust, bei solch spannenden Projekten mitzuarbeiten? Dann schaut mal bei unseren offenen Stellen vorbei. Wir freuen uns auf tolle neue Teammitglieder.