Grosse Erwartungen werden im Zuge der digitalen Transformation der Baubranche an den Einsatz von BIM geknüpft. Beim Arbeiten mit diesem hochinformierten digitalen Gebäudemodell gab es auch viel Ernüchterung. Denn BIM ist nicht die Lösung aller Probleme. Zunächst bedeutet es einen grossen Mehraufwand, viel Ausprobieren, Fehler machen und gewiss noch keine Effizienzsteigerung.
Fokus auf die eigenen Bedürfnisse, Anforderungen und Prozesse
Amstein + Walthert hat es gewagt, den Prozess neu zu denken und dafür mit Roomix Engineering ein eigenes Programm entwickelt, welches vor allem in frühen Planungsphasen viele Vorteile bietet. Weg vom Arbeiten in den eigenen Tabellen und mit händisch erstellten Plänen und Dokumenten, hin zu einer zentralisierten und daten(bank)basierten Arbeitsweise. Und dies bei verschiedensten Anwendungsfällen wie der Berechnung von Luftmengen, der Heiz- und Kühllast oder für die Erfassung von elektrischen Verteilungen und Steuerungen in der Gebäudeautomation. Dabei werden Nutzungen, Mengen, Berechnungsformeln, Normoder Kennwerte der Räume und Zonen hinterlegt, um Leistungen für Heiz- und Kühlgruppen oder in späteren Phasen die Volumenströme für Lüftungs-, Heiz- und Kühlleitungen zu bestimmen. Die daraus resultierenden Zahlendaten können automatisch über einen Viewer grafisch dargestellt werden, sodass klassische, von Hand gezeichnete Flächenpläne komplett wegfallen.
Übernahme und Nutzung der Daten im weiteren Projektverlauf
Der ausgelegte Bedarf wird in späteren Planungsphasen mit einer direkten Schnittstelle in die BIM/CAD-Autorensoftware übertragen, um sicherzustellen, dass die Planungsgrundlagen aktuell sind und es keine Informations- und Datenverluste bei Phasenübergängen gibt. So können die Leistungsanforderungen der Räume und Zonen an die Apparate übergeben sowie über die Verteilsysteme bis hin zur Erzeugung ausgelegt und überwacht werden. Weitere Bedürfnisse wie beispielsweise die Erschliessung von Strom, Wasser oder Abwasser lassen sich über automatisch generierte Anschlüsse einschliesslich der dazu benötigten Leistungsdaten gewerkübergreifend erstellen und übertragen. Diese werden bei fortlaufender Projektentwicklung automatisch angepasst. So wandert der Anschluss für einen Verbraucher automatisch mit, wenn dieser nochmals verschoben wird. Solche Anwendungsfälle waren vor ein paar Jahren noch undenkbar.
Während die einen erst beginnen, mit den im Modell hinterlegten Informationen zu arbeiten, ist beispielsweise in der Lüftungsplanung die Nutzung eines 3D-Modells und der daraus entstehenden Mehrwerte für Berechnungen, der Auszug von Mengen und Massen oder ähnliche Anwendungsfälle schon seit Jahren Standard. Auch die Integration bauphysikalischer Anforderungen oder der immer wichtiger werdenden Anforderungen an den Brand und Erdbebenschutz werden inzwischen in den Modellen hinterlegt. Dies schafft einen immensen Mehrwert beim Einhalten von Vorschriften und Normen und der Nachweisführung. Zudem dient es neben der Qualitätssicherung auch der Koordination und der Aussparungsplanung
Grossprojekte sind die grossen Profiteure
Systeme sind so programmiert, dass sie sofort bemerken und auf einen Blick erkennen lassen, wo etwas nicht so funktioniert, wie es muss. Gerade in Grossprojekten bringt das einen enormen Mehrwert in der Qualitätssicherung. Durch integrierte Berechnungen und die Messung von beispielsweise Luftmengen, Geschwindigkeiten oder Wassermengen werden in Echtzeit Diskrepanzen erkannt und Massnahmen können umgehend eingeleitet werden – ein grosser Mehrwert in der Umsetzung und vor allem im späteren Betrieb. Auch das Änderungsmanagement wird dadurch verbessert und vereinfacht. So können heute auf Knopfdruck unterschiedliche Projektstände verglichen und die Ursachen für Mehraufwände und -kosten klar ermittelt und belegt werden.
Automatisierung von Fleissarbeiten in der Ausführung
Auch die Elektroplanung hat in den letzten eineinhalb Jahren riesige Fortschritte gemacht. In einem aktuellen Neubauprojekt eines Spitals wurden beispielsweise allein im Bereich Elektro rund 170 000 Elemente und Apparate verbaut. Solche Zahlen lassen erahnen, welchen Mehrwert eine Automatisierung schaffen kann. Daher liegt unser Fokus klar auf dem Eliminieren von Fleissarbeiten wie dem manuellen Beschriften von Plänen, dem händischen Erstellen von Raumbüchern oder Anreichern von Bauteilinformationen. Hierfür haben wir Werkzeuge und Schnittstellen entwickelt, welche zum Beispiel die Information aus dem Schema und zukünftig auch aus dem Prinzipschema mit den Bauteilen im Modell automatisch abgleichen lassen. Hier zeigt sich gerade während der Ausführung ein erheblicher Mehrwert. Und wenn wir es dann noch schaffen, das Modell mit all seinen Informationen in den späteren Betrieb zu überführen, so werden alle Stakeholder über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie von der Digitalisierung und der Arbeit mit BIM profitieren. |
Wir sind auf einem guten Leidensweg.
Das Arbeiten mit BIM erfordert von allen Beteiligten ein grundliegendes Umdenken, weg von den klassischen Planungsmodellen hin zum Denken in übergreifenden Prozessen und deren kontinuierlicher Optimierung. In der Gebäudetechnikbranche ist das teilweise noch fremd, im Gegensatz zu Gewerken wie dem Holzbau, Metallbau oder auch anderen Industriezweigen. Und so sind wir sicher noch nicht dort, wo wir sein wollen.
Wenn wir unseren Fokus aber mal auf das richten, was wir inzwischen erreicht haben, dann sehen wir, dass das neue Arbeiten auch immer mehr Früchte trägt. Wir haben viel gelernt und machen heute einiges anders. Wichtige Tools wurden entwickelt, die Mitarbeitenden besser ausgebildet und auch der Content in Form von Vorlagen und Bibliotheken wurde neu entwickelt. Und auch wenn der Mehraufwand noch nicht den Mehrwert bringt, der suggeriert wurde, so sind wir doch auf einem guten Leidensweg.