zB No 95 – BIM – das digitale Bauen nimmt Fahrt auf

Die Erfahrung zeigt es immer deutlicher: BIM (Building Information Modeling) bringt über den ganzen Gebäude-Lifecycle hinweg unverzichtbare Vorteile. BIM steigert die kollektive Intelligenz der beteiligten Fachwerke. Es lenkt den Blick auf Fallstricke, bevor man über sie stolpert. Und am meisten profitieren die Bauherren. Aber nur, wenn es richtig gemacht wird.

BIM ist eine Methode – keine Software

Für ein erfolgreiches BIM-Projekt müssen die Beteiligten zuerst die Methodik dahinter verstehen. BIM ist in der Tat ein Paradigmenwechsel in der Bauindustrie und setzt zunächst die Bereitschaft zum Kulturwandel voraus. Digitale Methoden wie BIM wurden in den letzten zehn Jahren vorwiegend von Bauherren für ihre eigenen komplexen Bauvorhaben, wie z.B. im Spital- oder Pharmabereich gefordert und eingesetzt. Öffentliche Institutionen, wie die SBB, wenden seit 2021 für Immobilien und ab 2025 für Infrastrukturanlagen die BIM-Methode verpflichtend an. Sie treibt damit die Ziele des Bundesrats in dessen Strategie aktiv voran.

In diesen zehn Jahren hat die Digitalisierung der Planungs-, Bau- und Bewirtschaftungsprozesse zu einer gewissen «Best Practice» geführt und in der Baubranche die offene und kollaborative Unternehmenskultur gefördert. Auch die Arbeitsplatz-Attraktivität hat für BIM-Anwender zugenommen. Die Erkenntnisse und Erfahrungen aus dieser Tätigkeit sind die Grundlage für die tiefere Einführung von BIM in den kommenden Jahren. In diesem Zusammenhang sollten Unternehmen ihren BIM-Reifegrad kontinuierlich verbessern, um mit der Einhaltung von BIM-Standards eine noch bessere Interoperabilität, Datenqualität und Skalierbarkeit zu gewährleisten.

Vorteile für die Bauherrschaft

Während die BIM-Methodik die Projektentwicklung unterstützt und das Planungsteam in der Zusammenarbeit stärkt, nutzen Auftraggeber:innen die Daten und Visualisierungen, um verbindliche Entscheidungen zu treffen. Darum ist es essenziell, dass sich Besteller:in und Betreiber:in über die konkrete Ausrichtung der BIM-Methode einig sind. Der zentrale Nutzen eines «Digital Twin» besteht in der strukturierten und zweckgerichteten Datensammlung, die über den ganzen Lifecycle hinweg zur Verfügung steht: dreidimensionale Fachmodelle, Bauwerksdaten, Bauwerkpläne und -dokumente. So können Daten und Dateien, die während der Planung und Realisierung generiert werden, für den Betrieb, den Unterhalt und die Bewirtschaftung sowie für Erneuerungen weiterverwendet werden.

Das Ziel besteht darin, einen Lifecycle Prozess zu schaffen, der ohne Medienbrüche, mit hoher Effizienz und Qualität und zukünftig möglichst ohne Unterstützung und Support von Spezialisten auskommt.

«Die LUKS Gruppe pflegt eine langjährige Beziehung zu Amstein + Walthert AG. Die Zusammenarbeit gründet in der gemeinsam entwickelten BIM-Strategie für die LUKS Gruppe. Als Ergebnis konnten mehrere BIM-Projekte erfolgreich initiiert und eine fortlaufende Qualitätssicherung sichergestellt werden. Als BIM-Verantwortlicher schätze ich den offenen und konstruktiven Austausch mit dem Team von Amstein + Walthert AG. Gemeinsam gestalten wir Lösungsansätze im Bereich BIM2FM und lassen stets Raum für Innovationen. Dadurch schaffen wir einen nachhaltigen Mehrwert für das Unternehmen.»

Armando Demarmels
BIM Verantwortlicher LUKS Gruppe

Digitale Kollaboration dank zentralisierter Daten

  • Bauwerksmodelle: Geometrische parametrisierte dreidimensionale Fachmodelle, erstellt mit einer BIM-fähigen CAD-Software.
  • Bauwerksdaten: Alphanumerische Daten als Parameter, die in den Fachmodellen oder zentral in einer BIM-fähigen Datenbank (CDE – Common Data Environment) verwaltet werden.
  • Bauwerkspläne: In 2D-Plänen dargestellte geometrische Daten und weitergehende Informationen, abgeleitet aus den Fachmodellen.
  • Bauwerksdokumente: Alle weiteren notwendigen Dokumente, erstellt mit üblicher Dokumentenerstellungssoftware (z.B. MS-Office).

Solide Bestellung als Grundlage

Grundlage für einen strukturierten Prozess bildet eine solide Bestellung (Informationsanforderung). Dabei sollen die bestehenden Zielsysteme ausschlaggebend sein und die Grundlagen der Bestellung definieren. Es ist klar geregelt:

  • welche Modellelemente, in welchem Detaillierungsgrad (LOG – Level of Geometrie, LOD – Level of Detail) und welchem Fachmodell müssen geliefert werden
  • welche Informationen, in welcher Phase, von wem, zu welchem Use Case, für welchen Nutzer und welches Zielsystem müssen geliefert werden
  • welche Attributwerte sind erlaubt
  • welches Datenfeld im Zielsystem wird befüllt
  • welche Dokumente, zu welchem Apparat oder welcher Anlage müssen geliefert werden

Effizienter BIM-Einsatz

Wie BIM eingesetzt werden soll, bestimmen die Anforderungen der Bauherrschaft. Für die richtige und effiziente Umsetzung während der Projektierung und Ausführung braucht es erstens ein BIM-Management, das die Entwicklung und Implementierung von BIM-Standards, -Richtlinien und -Prozessen steuert. Und zweitens die BIM-Gesamtkoordination, die dafür sorgt, dass die verschiedenen Modelle und Informationen, die im BIM-Prozess anwachsen, korrekt zusammengeführt werden. Dabei überprüft sie die Modelle laufend auf Kollisionen oder Konflikte, sichert die Konsistenz und Integrität der BIM-Daten – und somit die produktive Zusammenarbeit zwischen allen Projektbeteiligten.

«Der Neubau USZ Campus MITTE1|2 ist die erste Etappe der baulichen Gesamterneuerung des USZ Kernareals Ost im Hochschulgebiet Zürich Zentrum. Die Amstein + Walther AG begleitet die Generalplanerin (ARGE Christ & Gantenbein AG | Fanzun AG – Confirm AG) seit der Vorprojektphase als verlässlicher Partner bei der Umsetzung der Projektziele mit der BIM-Methode. Von Beginn an haben wir eine offene und konstruktive Kommunikationskultur etabliert, die schnelle Fortschritte ermöglicht und eine solide Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit bildet. Diese umfasst eine strukturierte Implementierungsphase, regelmässige Qualitätssicherung und Modellkoordination bis hin zur technischen Umsetzung detaillierter Prüfregeln. Durch den Fokus auf eine kollaborative Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten wird das volle Potential für eine effiziente Projektumsetzung ausgeschöpft – mit dem Ziel, ein qualitativ hochwertiges und nachhaltiges Spital zu schaffen.»

Matthias Schäfges
Christ & Gantenbein, BIM-Management Planung

Scan2BIM bei Bestandsbauten

Gebäudesanierungen und Modernisierungen, die darauf abzielen, die Funktionalität, Energieeffizienz und den Wert des Gebäudes zu verbessern, benötigen verlässliche Daten aus dem Bestand. Wo diese fehlen oder in ungenügender Qualität vorliegen, kann Scan2BIM im Projekt-Workflow die Effizienz und Genauigkeit erheblich verbessern. Der Laserscanner erzeugt eine genaue 3D-Punktwolke des Gebäudes, die sich in eine BIM-fähige Software importieren lässt. Dort können beispielsweise Materialien, Bauteile und technische Details weiterbearbeitet werden – zum Vorteil einer besseren Planung und Koordination mit anderen Gewerken.

Dank Laserscanner werden analoge Räume zu BIM-fähigen Modellen
Dank Laserscanner werden analoge Räume zu BIM-fähigen Modellen

Die traditionellen Vermessungsverfahren waren zeitaufwändig und fehleranfällig, da es mit manuellem Massnehmen schwierig war, bestimmte Bereiche oder Details genau zu erfassen. Mit Scan2BIM lässt sich das Gebäude mit allen relevanten Details in kurzer Zeit komplett digitalisieren.

Besteht während des Projekts der Anspruch des Projektteams und der Bauherrschaft, die Punktwolke oder 360°-Ansichten für die visuelle Kommunikation zu nutzen, präsentiert realistische 3D-Visualisierungen des bestehenden Gebäudes und hilft dessen räumliche Situation besser zu verstehen.

Herausforderungen

Die Bearbeitung der Scandaten in der BIM-Software erfordert spezialisierte Kenntnisse und Schulungen, um das volle Potenzial auszuschöpfen. Ausserdem ist die Anschaffung eines hochwertigen Laserscanners und die entsprechende Software mit Kosten verbunden. Die Technik, eine Punktwolke nach Elementen für die Weiterarbeit zu klassifizieren, ist auf einem guten Weg. Dies hat auch zur Folge, dass die Nachmodellierung anhand einer Punktwolke noch nicht vollständig automatisiert ist und noch einige manuelle Schritte benötigt werden.

Risiken und Best Practice

BIM ist kein Selbstläufer und erhöht den Planungsaufwand, wenn die Modellstruktur und die Organisation mit den Projektzielen nicht korrelieren. Es funktioniert nur, wenn die Verantwortlichkeiten klar definiert und die Technologien und Schnittstellen aufeinander abgestimmt sind. Bisherige Zusammenarbeitsformen und Standardprozesse müssen überdacht und neue (Software-)Skills erlernt werden. Das BIM-Modell dient als zentrales Werkzeug für Planer:innen, Architekten:innen, Spezialisten:innen, Bauherren:innen und Nutzer:innen. Alle Projektbeteiligten tauschen in kollaborativer Effizienz Informationen aus, die deutlich fundiertere Entscheidungen ermöglichen.

«Die Digitalisierung und die BIM-Methode haben Bauprojekte effizienter gemacht. Ein zentralisiertes Datenmodell bietet allen Beteiligten aktuelle und projektspezifische Informationen über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks. Dank BIM können Entscheidungen schneller und exakt getroffen werden. BIM ermöglicht eine präzise Planung, Ausführung und ein präzises Facility Management sowie die effiziente Erstellung von Elektro-, Lüftungs-, Heizungs-, Kälte- oder Brandschutzplänen. Es dient als Steuerungs- und QS-Werkzeug, verbessert die Qualität und stützt Entscheidungen. Durch Standardisierung und detaillierte Vorgaben gemäss Bauen Digital Schweiz wird der Koordinationsprozess optimiert. Dashboards und Issue-Management schaffen Transparenz und fördern nachhaltiges Bauen.»

Vu-Dung Dinh
Projektleiter HLK, Experte DTM

Exemplarische Anwendungsfälle

Elektro, GA

  • Anschlüsse generieren
  • Automatisierte Beschriftungen und Bemassungen
  • Prinzip- und Elektroschema mit dem Modell abgleichen

Lüftung

  • Druckverlust und Geschwindigkeit,
  • Luftmengen, Planungssicherheit
  • Komponenten mit Daten für Realisierung anreichern
  • Zusammenarbeit mit Unternehmer

Heizung, Kälte, Sanitär

  • MEP-Raum – Heiz- und Kühlleistungen
  • Rohrnetzberechnungen und Raumlufttemperaturen
  • Schmutzwasser Berechnungen

Sicherheit, Brandschutz

  • Zonen und Räume
  • Wände und Türen
  • Apparate und Symbole
  • Brandabschottungen automatisieren

Koordination

  • Visuelle Koordination
  • Automatische Kollisionskontrolle (Clash Detection)
  • Modellpendenzen
  • Aussparungen automatisieren

Kritischen Faktoren

  • komplexe Wertschöpfungskette
  • viele Akteure und Schnittstellen
  • fehlende Vorgaben und Standards
  • Reifegrad der Akteure unterschiedlich
  • keine gemeinsame Sicht auf den Lifecycle
  • länderspezifische Vorgaben und Standards
  • mittel- bis langfristige Amortisationszeiten
  • Mindset und Zusammenarbeitskultur

Fazit

Die Erfahrungen zeigen, dass die gewünschten Ergebnisse nur dann geliefert werden können, wenn die unterschiedlichen Kompetenzen auf Augenhöhe aller Projektbeteiligten kombiniert werden. Hierzu benötigt es: Bestellerkompetenz BIM, Planungs- und Ausführungskompetenz mit der BIM-Methode und BIM-gestützes Facility-Management. Entscheidend aber ist:  Der vermeintliche Mehraufwand und die Mehrkosten werden über die gesamte Laufzeit eines Bauwerks mit einem markanten Zugewinn an Qualität, Produktivität und Nachhaltigkeit belohnt.

Unsere Expert:innen

Daniel Dummermuth

Daniel Dummermuth
Bereichsleiter BIM/VDC
A+W Zürich

Manuel Klingenfuss

Manuel Klingenfuss
Teamleiter Entwicklung & BIM/VDC
A+W Bern

Vu-Dung Dinh

Vu-Dung Dinh
Projektleiter HLK, Experte DTM
A+W Zürich

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