Wie setzt sich der Stromtarif zusammen?

Jährlich auf Ende August publizieren die Energieversorger ihre neuen Tarife für das folgende Jahr. Dahinter steckt ein umfangreiches Regelwerk, mit dem versucht wird, die vielfältigen Interessen unter einen Hut zu bringen: beispielsweise jene der Kunden, der Netzbetreiber, der öffentlichen Hand und auch der Umwelt.

Teilweise geöffneter Strommarkt Schweiz

In den letzten zwanzig Jahren hat sich der Strommarkt stark verändert. Aus dem relativ statischen Gebilde mit gebietsmässig aufgeteilten Monopolen ist eine dynamische Branche geworden, in der Wettbewerb und Nachhaltigkeit wichtige Treiber für die Veränderung sind. In der Schweiz hat das Stromversorgungsgesetz (StromVG) eine teilweise Öffnung des Strommarktes gebracht. Seit 2009 kann ab einem Jahresverbrauch von 100 MWh elektrischer Energie der Lieferant frei gewählt werden. Wer weniger Energie verbraucht oder auf einen Wechsel in den Markt verzichtet, befindet sich in der sogenannten Grundversorgung. Dort gelten klare Regeln, wie die Tarife für die Bestandteile der Lieferung zu kalkulieren sind.

Eine Folge der Liberalisierung ist, dass zwischen dem eigentlichen «Produkt» Energie und dem Transport über das Verteilnetz unterschieden wird (Unbundling). Da es nicht sinnvoll ist, parallele Verteilnetze zu erstellen, bleibt dieser Bestandteil auch in geöffneten Strommärkten Teil des Monopols. Die Netznutzungstarife dürfen gemäss den gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht höher sein als die ausgewiesenen Kosten für den Bau und den Betrieb der Anlagen. Ähnlich verhält es sich beim Energietarif in der Grundversorgung: Auch hier geben die tatsächlichen Kosten vor, wie hoch der Tarif maximal sein darf.

Zielkonflikte bei der Nutzung des Verteilnetzes

Insbesondere die Berechnung der Netznutzungstarife gleicht oft der «Quadratur des Kreises», da die Vorgaben der Schweizer Gesetzgebung mehrere Ziele gleichzeitig verfolgen. Einerseits müssen die Tarife die Kosten widerspiegeln und sich am Bezugsprofil orientieren. Andererseits müssen sie distanzunabhängig und pro Spannungsebene und Kundengruppe einheitlich sein. Schliesslich müssen sie Anreize setzen, Energie zu sparen sowie ein effizientes Verteilnetz zu betreiben und trotz allem einfache Strukturen aufweisen.

Der Aufbau eines Netzes verursacht hohe einmalige Kosten. Darum wäre es gerechtfertigt, einen hohen fixen Betrag pro Anschluss zu verlangen. Anreize fürs Energiesparen entstehen aber nur dann, wenn der fixe Anteil klein ist und der Verbrauch jeder konsumierten Kilowattstunde zusätzliche Kosten verursacht. Die Zunahme der dezentralen Einspeisung, wie bspw. Photovoltaikanlagen führte in den letzten Jahren dazu, dass diese Liegenschaften weniger Energie aus dem Verteilnetz beziehen, weil sie einen möglichst grossen Teil selbst produzieren und vor Ort verbrauchen (Eigenverbrauch). Die fixen Kosten des Netzbetreibers werden dadurch aber nicht kleiner – eher im Gegenteil. Er muss jederzeit in der Lage sein, Schwankungen im Verteilnetz auszugleichen. Die transportierte Energiemenge wird somit kleiner und die Kosten für die aus dem Netz bezogenen Kilowattstunden steigen tendenziell.

Wir unterstützen Energieversorger bei der Tarifkalkulation

Schnyder Ingenieure mit vier Standorten in der Schweiz ist ein Teil der Amstein + Walthert Gruppe. Seit 1993 beraten die Mitarbeitenden von Schnyder Ingenieure Energieversorgungsunternehmen (EVU) in technischen, wirtschaftlichen und regulatorischen Fragen. Im Vorfeld der teilweisen Marktöffnung von 2008 sind unternehmensintern Methoden und Instrumente entwickelt worden, um den neuen Anforderungen an die Kostenrechnung und die Tarifgestaltung zu entsprechen. Diese sind seither bei zahlreichen Schweizer Verteilnetzbetreibern im Einsatz.

Die Unterstützung der EVU beinhaltet nicht nur das Einhalten sämtlicher Vorgaben, die sich aus dem Gesetz, der Verordnung, den Branchendokumenten, sondern auch der Praxis der Regulierungsbehörde ElCom sowie der Gerichte ergeben. Die Regulierung des Strommarktes ist in der Schweiz noch relativ jung und entsprechend dynamisch ändern sich die rechtlichen Rahmenbedingungen. Bei der Tarifgestaltung stellen sich auch strategische Fragestellungen. Wie positioniere ich mich als Versorgungsunternehmen? Ist es mein Ziel, den Industrie- und Gewerbeunternehmen möglichst günstige Stromtarife zu bieten? Oder wird erwartet, dass über eine öffentliche Abgabe auf dem Stromabsatz ein finanzieller Beitrag an den Eigentümer des EVU – meist Kantone und Gemeinden – geleistet wird? Schnyder Ingenieure unterstützt, solche und ähnliche Fragen strukturiert anzugehen, denkbare Varianten mit ihren Konsequenzen aufzuzeigen und den Entscheid so zu dokumentieren, sodass die Verantwortlichen ruhig schlafen können.

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