Der Andreasturm – ein Gebäude auf dem Prüfstand

Nach rund 2-jähriger Bauzeit steht seit Ende 2018 der 80m hohe Andreasturm östlich des Bahnhofs Zürich-Oerlikon – unmittelbar bei der Verzweigung der Bahnlinien nach Wallisellen und Zürich-Flughafen. Das Gebäude wurde gemäss den Vorgaben des von SGNI adaptierten deutschen Labels DGNB geplant und ausgeführt.

Ein wesentlicher Teil des DGNB-Zertifizierungssystems besteht aus den abschliessenden Messungen der verschiedenen Gebäudeparameter in den Themenfeldern Gebäudehülle, Behaglichkeit (thermisch, akustisch, visuell) sowie der Innenraumluftqualität. Wir vom Bereich Bauphysik durften die letzten Phasen der Bauausführung begleiten und nach Abschluss der Arbeiten die Zertifizierungsmessungen durchführen. Dabei deckten wir die Bereiche Bauphysik, Akustik und Bauökologie ab. Weitere Messleistungen führten die Unternehmen Reflexion (Teil der A+W-Holding) und die Clicon AG aus.
Das Ziel der erfolgten Messungen war es, zu überprüfen, ob sich die hochwertige Planung und die sorgfältige Ausführung in guten Messergebnissen widerspiegelt.

Gebäudehülle des Andreasturm

Die energetischen Messungen an der Gebäudehülle führte die Clicon AG durch. Dabei erfolgten Messungen mittels Blower-Door-Verfahren für die Bestimmung der Luftdichtheit sowie Thermografie-Aufnahmen zur Erkennung thermischer Schwachstellen an Bauteilen und beispielsweise Fensteranschlüssen. Ein anderer grosser Aspekt waren die Lärmmessungen der Glasfassade durch A+W-Bauphysik. Für das Gebäude gelten aufgrund der lärmexponierten Lage durch zwei Bahnlinien auf der West- und Südseite hohe Lärmschutzanforderungen an die Fassadenbauteile. Hinzu kommt ausserdem der Strassenlärm auf der West- und Nordseite durch zwei Hauptverkehrstrassen.

Dank der Verwendung einer mehrteiligen Glasfassadenkonstruktion mit Prallscheibe wurde in der Planung die herausfordernde Lärmsituation gelöst. Dies konnte im Zuge der Zertifizierung durch die normierte Messung gem. SIA 181 bestätigt werden.

Abschliessende Messungen hinsichtlich Gebäudehülle, Behaglichkeit und Innenraumluftqualität am Andreasturm

Messung der Behaglichkeit

Das Themenfeld der Behaglichkeit beinhaltet viele verschiedene physikalische Einflussgrössen wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, CO2-Konzentration, Luftbewegung, Lichtverhältnisse, Lärmbelastung und Schadstoffbelastung der Raumluft. Die oben genannten Faktoren lassen sich auf sehr unterschiedliche Weise messtechnisch ermitteln. Um den thermischen Komfort am Arbeitsplatz zu bewerten, wurden elektronische Messgeräte verwendet, die während einer Woche die Temperatur, Luftfeuchtigkeit und die CO2-Konzentration in verschiedenen Büros aufzeichneten. Parallel dazu wurden (nicht von DGNB gefordert) lokal Messungen der Luftgeschwindigkeit am Arbeitsplatz durchgeführt, um die thermische Behaglichkeit nachzuweisen.

Besonders der hohe Glasanteil sowie der Einsatz einer mechanischen Lüftungsanlage kann lokal zu Unbehaglichkeit führen. Die Lichtplaner von Reflexion führten ausserdem Messungen zur visuellen Behaglichkeit und zum Anteil an Tageslicht in den Büroräumlichkeiten durch. Alle gemessenen Parameter lagen in einem sehr zufriedenstellenden Bereich.

Ein Kernthema der Messung im Innenraum war ausserdem die Lärmbelastung. Da das Innenraumkonzept auf transparente Grossraumbüros mit angrenzenden akustisch empfindlichen Räumen (Einzelbüros, Sitzungszimmer, Denkzellen) setzt, standen hier die Raumakustik sowie der Schallschutz von Trennbauteilen gleichermassen im Fokus. Gemessen wurde die Nachhallzeit in verschiedenen Büros und Räumen. Ausserdem wurden alle relevanten Einbausituationen und Anschlüsse akustisch gemessen. Auch hier lieferten die Vorgaben der SIA 181 die Grundlage.

Indoor Air Quality – IAQ

Bei der Messung der Innenraumluftqualität (Indoor Air Quality) geht es im Wesentlichen darum, die Schadstoffbelastung der Raumluft messtechnisch zu ermitteln. Dabei dürfen einzelne Stoffe (Radon, Formaldehyd) oder ganze Stoffkategorien (VOC, Schimmelpilze) einen stoffspezifischen Grenzwert nicht überschreiten. Dadurch soll das gesundheitliche Risiko für die Mitarbeiter in den Innenräumen minimiert und eine gesunde Bauweise gefördert werden.

Für die Abschlussmessung wurden im Andreasturm primär die VOC- und Formaldehyd-Konzentration in verschiedenen Räumen gemessen. Dadurch konnten die Vorgaben der im Innenraum verwendeten Materialien überprüft werden. Die geschossweise Fertigstellung der einzelnen Stockwerke stellte für die Koordination der einzelnen Messpunkte eine besondere Herausforderung dar.

Ein weiterer wichtiger Punkt waren die Messungen der Mikrobiologie- (Schimmelpilz, Bakterien, Keime) und Feinstaubbelastung der Zuluft. Dazu haben wir mit speziell dafür entwickelten Verfahren die Frischluft an der Aussenluftfassung sowie die Zuluft an den Zuluftöffnungen gemessen und miteinander verglichen. Dabei darf die Zuluft nicht schlechter sein als die Aussenluft.

Schliesslich wurde im Untergeschoss sowie in einigen Büros die Radonkonzentration der Raumluft gemessen. Dabei wurde der angegebene Grenzwert von 100 Bq/m3 bei allen Messpunkten unterschritten.

Fazit: Andreasturm erfüllt Vorgaben nach DGNB

Die Messungen haben gezeigt, dass die in der Planung angestrebten Ziele dank einer gewissenhaften Ausführung erreicht werden konnten. Der Andreasturm ist ein äusserst energieeffizientes Gebäude, welches dank geschickter Planung und sorgfältiger Materialauswahl seinen Nutzern ein angenehmes Umfeld bietet. Dies konnte ebenfalls durch die erfolgte DGNB-Platin-Zertifizierung bestätigt werden.

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